Reinickendorf und die Welt: Wo ist noch Platz für Entwicklungszusammenarbeit?

Berlin, 3. Juni 2025 im Rathaus Reinickendorf – In Zeiten globaler Krisen und Konflikte ist die Bedeutung von Entwicklungszusammenarbeit (EZ) und humanitärer Hilfe (HH) größer denn je. Doch welche Rolle spielen sie für Deutschland und die internationale Gemeinschaft? Wie sieht kommunales Engagement für Entwicklungszusammenarbeit aus? Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer Diskussion mit Expert*innen aus Kommunalpolitik, humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit.

Von links: Jens Augner, Sara Feldmann, Jana Braun, Karina Lehmann, Saskia Moabi, Asena Baykal

Bewusstsein schaffen und Mythen aufräumen

Ein zentrales Anliegen der Veranstaltung war es, mit Mythen über Entwicklungszusammenarbeit aufzuräumen. Oft wird behauptet, EZ nehme deutschen Bürger*innen Geld für Schulen und Infrastrukturprojekte weg. Doch die Fakten zeigen: Das Budget für humanitäre Hilfe beträgt 2025 1,04 Mrd. Euro, während der Etat des BMZ bei 10,28 Mrd. Euro liegt. Diese Summen machen im Bundeshaushalt 2025 nur 2,7% aus und stehen nicht in Konkurrenz zu Bildung oder Verteidigung.

Relevanz von Entwicklungszusammenarbeit und Humanitärer Hilfe

EZ und HH sind nicht nur moralische Verpflichtungen, sondern auch strategische Investitionen in globale Stabilität und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Sie leisten einen essentiellen Beitrag zu globaler Stabilität, Sicherheit und Wohlstand und sind Teil des europäischen Friedensprojekts. Projekte der EZ unterstützen die deutsche und europäische Wirtschaft durch nachhaltige und faire Wertschöpfungsketten.

Globale Dynamiken und Herausforderungen

Aktuelle globale Krisen verschärfen den Bedarf an humanitärer Hilfe. Laut UN-Angaben benötigten 2024 weltweit 300 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Gleichzeitig werden die Budgets für EZ und HH in vielen Ländern gekürzt. Die USA haben unter der Regierung Trump ihre Entwicklungshilfe stark reduziert, und auch in Europa gibt es Einschnitte. Diese Kürzungen haben bereits zu irreversiblen Folgen geführt, wie die Einstellung von Nahrungsmittel- und Medikamentenlieferungen in Krisenregionen.

Die Rolle Deutschlands

Deutschland hat die Chance, in diesem strategischen Vakuum eine führende Rolle einzunehmen. Bundesministerin Reem Alabali-Radovan setzt auf partnerschaftliche Beziehungen. Eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist entscheidend, um nachhaltige Projekte umzusetzen. Die GIZ setzt auf Kontrollmechanismen und Evaluationsinstrumenten, um die Effektivität und Nachhaltigkeit der Maßnahmen zu gewährleisten.

Forderung zur Entwicklungszusammenarbeit und schulischen Bildung in der Kommunalpolitik

Obwohl kommunalpolitische Verbindungen zur Entwicklungszusammenarbeit nicht offensichtlich sind, gibt es Anknüpfungspunkte. Es geht um die Beschaffungspolitik staatlicher und privater Akteure: Produkte sollten nachhaltig und unter fairen Bedingungen produziert werden. Im Sinne ökologischer Nachhaltigkeit gilt es, Verwaltungsprozesse ressourcenschonend zu gestalten. Bildungsarbeit kann das Bewusstsein für globale Zusammenhänge stärken. Partnerschaften und Austauschprogramme mit Gemeinden des globalen Südens wären eine starke Unterstützung.

Wir freuen uns, dass Reinickendorf durch die grüne Initiative Fair Trade Town geworden ist und nun durch eine Koordinatorin für kommunale Entwicklungszusammenarbeit unterstützt wird. Diese Stelle muss verstetigt und Aktive vernetzt und unterstützt werden, um das Leben in der einen Welt gemeinsam zu gestalten.

Fazit

EZ und HH sind keine „Fässer ohne Boden“, sondern strategische Investitionen in eine stabilere und gerechtere Welt. Deutschland kann und sollte hier eine führende Rolle einnehmen. Bereits im Kleinen gibt es viele Möglichkeiten, im Sinne von „think globally, act locally“ zu handeln.

Kontakt für Rückfragen:

Jana Braun, Co-Sprecherin der AG Diversity & Demokratie, Bündnis 90/Die Grünen Reinickendorf,
E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@gruene-reinickendorf.de

Photo credits: Friedel Bühler